Pianonews 02 / 2022

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„Ich bin kein typischer Chopin-Spieler.“

Gewinner des Chopin-Wettbewerbs 2021
Bruce Liu

Von: Isabel Herzfeld

Ein wenig müde sitzt er in diesem übergroßen Schalensessel und spielt noch gedankenverloren mit seinem Smartphone, bevor das Interview beginnt. Seit seiner Teilnahme am Chopin-Wettbewerb in Warschau Ende Oktober 2021 ist Bruce Liu noch nicht nach Hause gekommen, das ist zum Zeitpunkt des Gesprächs immerhin fast zwei Monate her. Viel Klavier üben muss er zwar gerade nicht, meint der frischgebackene Gewinner des 18. Fryderyk-Chopin-Wettbewerbs leicht lächelnd. Aber hier im Büro der Deutschen Grammophon am Spreeufer in Berlin-Friedrichshain, die ihn sofort unter Vertrag nahm und einen Mitschnitt seiner Wettbewerbsbeiträge auf einer sehr abwechslungsreich bestückten CD herausbrachte, muss er doch eine Menge Treffen und Interviews absolvieren. Die nächsten Karriereschritte werden jetzt verhandelt, Aufnahmen für das nächste Jahr geplant. Einige Konzerte in Brüssel und Brasilien – nicht gerade um die Ecke – stehen auch noch an, bevor es endlich wieder ins heimische Montreal zu Eltern, Freunden und Lehrern geht. Eigentlich hasst der 24-Jährige das Reisen, er fliegt nicht gern. Seine Tourstrecken mit dem Auto durchzuführen, wie weiland der flugängstliche Swjatoslaw Richter, mag er aber auch nicht. Zu kurz kommt jetzt eigentlich, was Sinn der ganzen Anstrengungen ist und ihn erfüllt: Das Musikmachen. Auf der Bühne macht Liu den Eindruck, ganz bei sich und in die Musik versunken zu sein. Da gibt es keinen Stress und keine Müdigkeit; er ist ebenso hellwach wie entspannt. Vom Tribut an das Pianistenleben ist da nichts zu spüren.

Der Chopin-Wettbewerb 2021

„Natürlich war dieser Wettbewerb anders als alle anderen“, sagt Bruce Liu, der bereits Preisträger bei internationalen Wettbewerben in Montreal und im japanischen Sendai sowie beim Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv war. Zum einen sorgte die Pandemie für eine Verschiebung um ein ganzes Jahr. „Für mich war das gut“, meint der junge Pianist, „ich habe das zusätzliche Jahr genutzt, mein Spiel systematisch aufgenommen und mir so intensiv zugehört wie noch nie. Ich hatte auch noch Unterricht bei meinem Lehrer Dang Thai Son, der vor 40 Jahren ebenfalls den Chopin-Wettbewerb gewonnen hat und mir viele wertvolle Informationen darüber geben konnte. Zuletzt habe ich einen Grad von Konzentration und Selbstkontrolle erreicht, den ich vorher noch nicht kannte.“ Liu kann sich aber vorstellen, dass die Verschiebung um ein Jahr für einige seiner Mitbewerber, die glaubten, sich auf den Punkt vorbereitet zu haben, auch kontraproduktiv gewesen sein kann. Umso angenehmer empfand er die Atmosphäre auf und hinter der Bühne: „Die Teilnehmer gingen ausgesprochen kollegial miteinander um, ganz anders als bei anderen Wettbewerben, bei denen die Konkurrenz im Vordergrund stand.“ Im Gegenteil, man inspirierte sich gegenseitig, gab sich Tipps, knüpfte Kontakte. Für den sensiblen Kanadier ein Umfeld, in dem er sein Können optimal entfalten konnte: „Sehr viel Lampenfieber habe ich eigentlich nicht, ein bisschen Nervosität finde ich sogar ganz gut, so eine Spannung in der Bühnensituation. Aber ich musste mich damit doch erst mal vertraut machen. Ich übe auch richtig darauf hin, indem ich mir vorstelle, auf der Bühne zu sein.“
Das galt natürlich besonders für die Finalrunde, in der der Kandidat mit der Darbietung eines Chopin-Klavierkonzerts beweisen musste, dass er nicht nur die Architektur der großen Form bewältigt, sondern sich auch in der Kommunikation mit dem großen Klangkörper reaktionsschnell zeigt. Beobachter berichten, dass Liu gerade in der Finalrunde noch einmal seine ganzen Stärken ausgespielt hätte. Obwohl er als letzter von 12 Finalteilnehmern auftrat und Chopins e-Moll-Konzert bereits acht Mal über die Bühne gegangen war, konnte er das Publikum mit glasklarem, elegantem Spiel von der ersten bis zur letzten Note fesseln, gab auch dem Orchester die richtigen Impulse. Dabei kam ihm zugute, dass er bereits Erfahrungen mit dem Cleveland Orchestra, dem Israel Philharmonic Orchestra und dem China NCPA Orchestra auf einer Nordamerika-Tournee sammeln konnte: „Das Orchester ist natürlich eine sehr große Gruppe mit vielen verschiedenen Meinungen, auf die man reagieren muss. Das ist viel schwieriger als in der Kammermusik, wo die Kommunikation persönlicher und intimer ist, wo man mehr Zeit zum Proben hat und diskutieren kann. Im Orchester muss man sehr schnell reagieren und entscheiden, welche Impulse richtig für einen sind und welche nicht. Man muss in seiner Selbstkritik sehr wach sein, sich auf seine Erfahrungen verlassen können und gleichzeitig offen für neue Erfahrungen sein. Man muss auch wissen, wie man mit dem Dirigenten kommuniziert. Und bei Unstimmigkeiten kommt es nicht darauf an, sich durchzusetzen und den anderen von der eigenen Auffassung zu überzeugen, sondern den besten Weg für uns beide zu finden.“

Das gesamte Porträt lesen sie in PIANONews 2-2022

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