Pianonews 05 / 2020

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Unbekanntes im Vertrauten

Neue Klavierwerke von Dmitri Schostakowitsch

Von: Marco Frei

Das schöne Elbsandsteingebirge hat viele Künstler inspiriert, so etwa Caspar David Friedrich. Auch Dmitri Schostakowitsch weilte hier: 1960 und 1972. Im Kurort Gohrisch bei Dresden erholte er sich vom Weltgetümmel und komponierte sein berühmtes „Achtes Streichquartett“. Seit 2010 werden hier die Schostakowitsch-Tage veranstaltet. In diesem Jahr gab es eine Besonderheit. Zur 11. Edition der Reihe haben Yulianna Avdeeva, Daniil Trifonov und Dmitri Masleev neun bisher unbekannte Klavierwerke des sowjetrussischen Komponisten uraufgeführt: wegen der Corona-Pandemie als Online-Streams. Verändern diese Entdeckungen die Rezeption? Muss die Sicht auf Schostakowitsch und dessen Klavierœuvre umgeschrieben werden?

Für Olga Digonskaya ist die Sache klar. „Er hat eigentlich zu spät mit dem Komponieren angefangen. Mozart war wesentlich früher dran, aber dafür hat sich Schostakowitsch gewaltig schnell entwickelt. Man erkennt zwar schon früh sein Talent, aber technisch sind seine ersten Versuche noch recht einfach. Man sieht eine große Entwicklung, auch ein großes Talent, das aber technisch noch nicht ausgereift ist.“ Damit meint Digonskaya die frühen Stücke von Schostakowitsch aus den Jahren 1918 bis 1920, die unlängst entdeckt wurden.

Sinn und Unsinn von Entdeckungen

Sie wurden jetzt erstmals gestaltet, als „Ursendungen“ im Rahmen der Gohrischer Schostakowitsch-Tage: gekoppelt mit „Drei Fugen“ von 1934 sowie mit einer Skizze zu einem Präludium, das für die „24 Präludien und Fugen“ Op. 87 vorgesehen war. Letztere wurde von Krysztof Meyer vervollständigt und um eine Fuge ergänzt. Meyer stammt aus Polen und ist selber Komponist, noch dazu ein verdienter Schostakowitsch-Biograf, der den Komponisten persönlich kannte und mit ihm in regem Briefkontakt stand.

Dagegen hat Digonskaya als leitende Archivarin des Schostakowitsch-Archivs in Moskau größte Verdienste um die Pflege und Aufarbeitung des Schaffens von Schostakowitsch. Der Musikwissenschaftlerin sind in den vergangenen Jahren über 300 Schostakowitsch-Entdeckungen zu verdanken, darunter die Opernfarce „Orango“. Für ihren Einsatz sollte Digonskaya in diesem Jahr bei den Schostakowitsch-Tagen in Gohrisch einen Preis überreicht bekommen, was 2021 nachgeholt werden soll. Ihr Urteil zu den frühen Arbeiten aus der Feder Schostakowitschs wird von Meyer geteilt. „Ich glaube, diese Werke sind überhaupt nicht wichtig“, bemerkt Meyer auf Nachfrage. „Das ist alles gut geschriebene Musik, aber nicht persönlich – auch ziemlich naiv, kein typischer Schostakowitsch-Charakter. Es ist den frühen ‚Fünf Präludien‘ von 1920/21 vergleichbar: gut geschrieben, aber nichts Besonderes. Schostakowitsch war zwar genial, hat sich schnell entwickelt, aber: Er war kein Mozart, der schon mit fünf Jahren veritable Meisterwerke komponieren konnte.“ Wirklich? Ist denn nicht auch beim jungen Mozart nicht alles Gold, was glänzt?
„Natürlich, etwa die ersten Klaviersonaten“, räumt Meyer ein. „Die sind gut, aber die kann man nicht mit den späteren Werken vergleichen – und auch nicht mit Haydn.“ Das Fazit von Meyer ist eindeutig: „Auch große Meister sind nicht von der ersten Minute an genial. Sie müssen sich genauso erst einmal entwickeln. Bei ihnen geht es aber vielleicht schneller, ihre eigene Sprache zu erschaffen.“ Zudem gilt für ihn: „Komponieren heißt immer suchen“, und da könne man sich auch mal irren. Mit diesen Worten umreißt der Komponist die jüngsten Schostakowitsch-Entdeckungen.

Nun muss man die Inflation an (Wieder-)Entdeckungen im Musikbetrieb nicht goutieren, aber: Schostakowitsch zählt zu den meistaufgeführten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Wenn wie jetzt bei den Gohrischer Online-Schostakowitsch-Tagen neun neue Klavierwerke des Sowjetrussen präsentiert werden, will das schon etwas heißen. Das berührt auch die frühen Arbeiten aus den Jahren 1918 bis 1920, urgesendet von dem aus Moskau zugeschalteten Dmitri Masleev: Sie mögen keine Meisterwerke sein, gewähren aber tiefe Einblicke in die Werkstatt eines jungen, werdenden Großmeisters. Allein deshalb sind sie sehr wohl wichtig.

Den kompletten Bericht lesen sie in ePaper-Version der Ausgabe PIANONews 5-2020.
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