Pianonews 06 / 2019

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„Es gibt dieses Adrenalin, wenn man auf die Bühne geht. Aber es hat seinen Preis.“

Beatrice Rana

Von: Carsten Dürer

Sie ist Italienerin, und als solche behauptet sich die 27 Jahre junge Beatrice Rana weltweit als ein Aushängeschild für großes Pianistentum ihres Heimatlandes. Bereits mit ihrer ersten Einspielung für Warner Classics konnte sie Aufsehen erregen, denn welcher junge Pianist erhält schon die Möglichkeit, so früh eine Einspielung mit Tschaikowskys 1. und Prokofiews 2. Klavierkonzert unter einem Dirigenten wie Antonio Pappano vorzunehmen? Danach dann Bachs „Goldberg-Variationen“ und nun war sie wieder in Berlin, um in den Teldex-Studios Strawinsky und Ravel einzuspielen. Allerdings erlaubte sie es nicht, dass man ihr während ihrer Aufnahmen zuhörte. Einen Tag später trafen wir sie zum Gespräch …

 PIANONews: Warum haben Sie mir nicht erlaubt, bei Ihrer Aufnahmesitzung im Regieraum zuzuhören?

Beatrice Rana: Ich weiß nicht, ich bin immer so auf den Prozess fokussiert, dass ich niemanden dabeihaben will. Nicht einmal meiner Mutter erlaube ich das, auch wenn sie normalerweise immer überall hinkommen kann. Aber nicht im Studio. Ich denke, es sollte kein Problem sein, denn immerhin spiele ich immer vor einem Publikum …

PIANONews: Ich war schon bei vielen Aufnahmesitzungen Zeuge, ich weiß wie man sich verhält, ich will überhaupt nicht stören …

Beatrice Rana: Ernsthaft, ich weiß nicht wie ich das erklären soll. In der vergangenen Woche bin ich aus den USA zurückgekommen und wollte die Woche vor den Aufnahmen mit niemandem sprechen. Es ist ein vollkommen anderer Prozess als vor Publikum zu spielen. Ich habe das Gefühl, ich benötige die höchste Konzentration. Ich weiß nicht, warum es immer schon so war bei Aufnahmen. Denn normalerweise habe ich immer Menschen um mich. Ich hoffe, dass ich das in Zukunft ablegen kann, denn es macht mein Leben auch nicht einfacher.

PIANONews: Ich verstehe es, wenn eine Aufnahmesitzung am Anfang ist, denn dann gibt es zu viele Dinge, die man erst einmal bedenken muss …

Beatrice Rana: Ja, am Beginn ist es sehr schwierig, die ersten Stunden weiß man überhaupt nicht, was los ist. Und dies ist so wichtig, gerade dieses Mal. Ich habe als erstes die Transkription von Guido Agosti von Igor Strawinskys „Feuervogel“ aufgenommen. Und das ist ein Werk, das ich auf so vielen Bühnen so oft gespielt habe. Und ich kenne das Teldex-Studio. Dann hörte ich mein erstes Take von diesem Stück und war schockiert. Ich wollte einen besseren Klang finden, wollte es immer und immer wieder spielen. Man versucht etwas Natürliches zu kreieren, was in dieser Situation absolut nicht natürlich ist.

PIANONews: Nun, Aufnahmen sind immer eine Kunstform für sich.

Beatrice Rana: Richtig. Aber wissen Sie, es benötigt zum einen die Perfektion, die man mit vielen Takes erreichen kann. Aber die Frische muss dennoch erhalten bleiben, damit später die Zuhörer sagen: Das ist so ein wunderbares Stück, das will ich live erleben. Diese Balance ist so schwierig zu erreichen. Ich habe einen wunderbaren Rat von Antonio Pappano bei meiner Einspielung mit ihm erhalten. Er sagte: Weißt Du, Mikrofone sind Bastarde – der einzige Weg damit umzugehen ist, die Mikrofone zu verführen. Also nicht direkt in das Mikrofon zu sprechen, sondern es zu verführen. Wenn man es direkt angeht, wird es ein Feind, aber wenn man etwas abseitig agiert, dann ist es etwas besser.

PIANONews: Nur dass in einem Studio überall die Mikrofone stehen.

Beatrice Rana: Ja, es hat etwas von „Big Brother“, der einen beobachtet.

PIANONews: Es gibt sogar Künstler, die es Freunden und Bekannten erlauben direkt im Studio zu sitzen, um die Energie eines Publikums zu haben …

Beatrice Rana: Oje, ich würde sterben. [sie lacht] Für mich ist es ein vollkommen anderer Prozess. Das Ergebnis ist dasselbe: Die Musik mit Menschen zu teilen und etwas Besonderes auszusagen. Aber der Prozess ist anders. Wenn man auf eine Bühne geht, ist man „nackt“ und versucht den Zuhörern etwas zu erzählen. Aber für mich ist es leichter vor 2000 Menschen „nackt“ zu sein als mit nur einem Mikrofon. Ich kann es auch nicht wirklich erklären.

PIANONews: Wie beurteilen Sie dann den Unterschied, wenn Sie sich selbst – und das haben Sie sicherlich schon getan – Ihre eigenen Konzerte aufnehmen?

Beatrice Rana: Natürlich nehme ich meine Konzerte auf, immer. Bei meinem ersten Unterricht mit meinem Lehrer Benedetto Lupo in Italien, sagte er mir, ich solle in die zweite Stunde mit einem Aufnahmegerät kommen, um alles aufzunehmen und mir kritisch zuzuhören. Seither habe ich alle Wettbewerbe, alle Konzerte aufgenommen. Ich bin es also gewohnt, mich selbst zu hören. Und ich bin niemand, der erstaunt ist, wenn er sich selbst hört. Als ich das erste Mal eine CD einspielte – es war ein zusätzlicher Preis, nachdem ich den Wettbewerb in Montreal gewonnen hatte …

PIANONews: Die CD, die mit Chopins Préludes und Skrjabins 2. Sonate bei ATMA Classique erschien?

Beatrice Rana: Ja genau. Es war nicht einmal ein Studio, sondern ein sehr schöner Konzertsaal, in dem ich aufnahm. Als ich in den Regieraum kam, um das erste Take zu hören, war ich schockiert. Ich fragte mich, wie das möglich war. Denn ich höre meine Aufnahmen immer und immer wieder, die ich während meiner Auftritte anfertige. Aber ich erkannte: Es gibt einen Unterschied. Mikrofone können die beste technologische Qualität haben, aber sie sind kalt. Und irgendwie muss man durch sie die eigenen Ideen verwirklichen. Und damals war ich allein, hatte keinen Antonio Pappano neben mir, der mir aufgrund seiner Erfahrung Ratschläge geben konnte.

PIANONews: Aber normalerweise ist doch der Aufnahmeleiter die Person des Vertrauens.

Beatrice Rana: Ja. Absolut, deshalb habe ich die letzten Aufnahmen alle mit demselben Aufnahmeleiter aufgenommen. Und Jørn Petersen ist ein unglaublich guter Musiker. Es ist wichtig einen solchen zu haben, der sich nicht in den Vordergrund drängt, sondern darauf achtet, was meine Ideen sind. Und das ist sehr inspirierend. Meine Aufnahme mit Bernsteins „The Age of Anxiety“ konnte ich nicht mit ihm machen, was mich nervös werden ließ. Jørn Petersen ist auch ein wenig objektiver als ich – auch wenn es so etwas wie Objektivität in der Musik gar nicht gibt. Dennoch: Er hört von außerhalb, was ich tue.

PIANONews: Zudem haben Sie vor dem Flügel natürlich auch einen schlechteren Platz zum Hören als er.

Beatrice Rana: Ich weiß. [sie lacht] Oftmals sage, dass ich gerne im Saal sitzen würde, wenn ich auf der Bühne spiele. Denn ich habe ja keine Ahnung wie das im Saal klingt. Ich habe eine vollkommen andere Perspektive zu meinem Spiel. Aber leider kann ich das nicht machen.

PIANONews: Nur in Ihren Träumen …

Beatrice Rana: … oder in meinen Alpträumen … [sie lacht]

 

Das gesamte Interview lesen Sie in Ausgabe 6-2019 von PIANONews.

 

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