Pianonews 04 / 2019

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Mit universeller Energie

Mariam Batsashvili

Von: Carsten Dürer

Als die zu diesem Zeitpunkt weitestgehend unbekannte Georgerin Mariam Batsashvili 2014 den Internationalen Liszt-Wettbewerb im niederländischen Utrecht gewann, konnte man sich über diese Entscheidung nur freuen, denn mit ihr hatte ein ungewöhnliches pianistisches Talent die Bühnen betreten. Seither hat sie in vielen Ländern ihr Können unter Beweis gestellt. Doch warum Liszt, was bedeutet es für diese junge Pianistin, die bereits drei Jahre zuvor den 1. Preis beim Internationalen Liszt-Wettbewerb für junge Pianisten in Weimar gewonnen hatte, sich mit der Musik dieses großen Meisters des Klaviers auseinanderzusetzen? Und welche anderen Repertoire-Vorlieben hat diese Pianistin, die mittlerweile doch recht weitgefächerte Programme aufsetzt (auch wenn Liszt fast immer mit von der Partie ist)? Wir trafen sie einen Tag nach einem Konzert in der für ihre Karriere so wichtigen Stadt Utrecht.

 

Ich erinnere mich gut. Als Mariam Batsashvili 2014 in Utrecht die Bühne des Kammermusiksaals in der damals gerade neu errichteten Tivoli-Vredenburg betrat, hatte man nicht erwartet, was dieses kleine, zierliche Persönchen dann am Instrument hören ließ. Mit einer Intensität und einer Ausdrucksstärke spielte die gerade einmal 21-Jährige die Werke von Liszt, als wären sie für sie geschrieben worden. Kaum konnte man begreifen, wie die recht kleine Person auf der Bühne dort die schier unendlichen technischen Schwierigkeiten mit ihren kleinen Händen bewältigte. Die internationale Presse-Jury, der ich damals vorstand, hatte sich bereits vor dem Finale für den Presse-Preis entschieden. Nachdem sie den Wettbewerb aufgrund dieses Spiels souverän gewonnen hatte, war es Paul Badura-Skoda, der zu ihr kam und ihre Hände betrachtete, da er es nicht glauben konnte, dass sie diese Leistungen mit diesen kleinen Händen bewältigt hatte. Sie war schüchtern und strahlte dennoch eine natürliche Offenheit aus.
In den darauffolgenden Jahren spielte sie – geschickt aufgebaut von der Stiftung des Liszt-Wettbewerbs in Utrecht – in vielen Ländern und hierzulande in zahlreichen weniger bekannten Sälen. Sie wuchs an diesen Aufgaben, wurde sicherer, wurde noch einmal in ihrer Ausdruckskraft intensiver. Eine erste CD-Einspielung mit Liszt-Transkriptionen erschien bei dem kleinen niederländischen Label Cobra Records, um ihr auch diesen Bereich des Klassik-Geschäfts näherzubringen. Nun hat die 25-Jährige einen Exklusiv-Vertrag bei Warner Classics unterschrieben.
Wir treffen Mariam Batsashvili in den Büroräumen des Liszt-Wettbewerbs in Utrecht, kurz bevor die Pianistin nach Budapest, das neben Weimar mittlerweile ihr zweiter Wahlheimatort ist, zurückkehrt – ebenfalls eine Liszt-Stadt.

Die ersten Schritte
PIANONews: Wie war das am Beginn ihrer Ausbildung in Tiflis: Natalia Natsvlishvili. Das war ja noch eine Zeit des sowjetischen Ausbildungssystem zu dieser Zeit, richtig?

Mariam Batsashvili: Nun, als ich bei Natalia Natsvlishvili im Alter von fünf Jahren meine Ausbildung begann, existierte die Sowjetunion ja bereits nicht mehr. Natalia ist halb russisch, halb georgisch und hat ihr eigenes Ausbildungssystem entwickelt. Sie wurde auch in Georgien ausgebildet. Letztendlich unterrichtet sie vollkommen anders als das, was wir als die russische Klavierschule bezeichnen.

PIANONews: Ich meinte auch nicht so sehr die russische Klavierschule als vielmehr das strikte System der Ausbildung, bei der man jedes Jahr ein Examen bestehen musste, um in die nächste Klasse zu gelangen.

Mariam Batsashvili: Ja, natürlich musste ich jedes Jahr eine Prüfung ablegen.

PIANONews: Wie lange blieben Sie in Tiflis für ihre Ausbildung?

Mariam Batsashvili: Bis ich 18 Jahre alt war.

PIANONews: So hatten Sie bereits ein Examen, bevor Sie nach Deutschland kamen, richtig?

Mariam Batsashvili: Ja, ich hatte auch die Schule mit einem Abitur absolviert. So fügte es sich wunderbar, da ich im selben Jahr, als ich mein Abitur machte, mich in Weimar bewarb und dort angenommen wurde.

PIANONews: Stammen Sie – wie viele andere junge Musiker aus Ihrer Heimat – auch aus einer musikalischen Familie?

Mariam Batsashvili: Nein. Meine Großmutter war Klavierlehrerin. Ansonsten war niemand Musiker. Aber es war in Georgien sehr angesagt, Musik zu studieren. Meine Mutter hatte eine musikalische Ausbildung, wurde aber keine Musikerin. Bei mir war es etwas anders, da wir wegen meiner Großmutter ein Klavier zuhause hatten. Überhaupt haben Georgier immer irgendwelche Instrumente in einer Ecke im Haus. [sie lächelt]
Ich hörte wie meine Cousins übten seit ich ein Jahr alt war. Diese Art von Musik war immer in meinen Ohren und so begann ich mit vier Jahren selbst zu spielen.

PIANONews: Und das Interesse hat sich seither nie verändert …

Mariam Batsashvili: Nein. Ich war sogar als Kind nicht einmal daran interessiert zu essen. Ich erinnere mich, dass meine Mutter mich fütterte, weil ich so intensiv meinen Cousins zuhörte. Ich öffnete nur meinen Mund, sie schob Essen hinein, aber ich war nur an der Musik interessiert. Ich denke, dadurch, dass ich seit meiner Geburt diese Art von Musik gehört habe, war es ganz natürlich, dass ich auch etwas mit diesem großen Instrument machen wollte.

Veränderungen und Gedanken
PIANONews: Wenn man in Ihre Generation schaut, dann stellt man fest, dass es mehr junge Pianistinnen gibt als Pianisten. Die Männer sind anscheinend stärker auf andere Instrumente konzentriert. Können Sie sich das erklären?

Mariam Batsashvili: Das ist wahr, ja. Aber wir haben auch viele Pianisten in unserem Land. Aber ich kann es auch nicht erklären, warum dies so ist. Ich denke nicht, dass es einen wirklich sinnvollen Grund dafür gibt.

PIANONews: Vielleicht ist es ganz banal eine Bestätigung des Gerüchts, dass Frauen in einem bestimmten Alter fleißiger sind und sich mehr anstrengen.

Mariam Batsashvili: In Georgien sind die Frauen grundsätzlich – ich möchte nicht sagen mächtig – stark. Ich denke, dass dies noch aus dem sowjetischen System herrührt, denn damals waren Männer und Frauen gleichberechtigt. Vielleicht hat dies mit der Stärke der Frauen zu tun.

PIANONews: Wie sind Sie dann mit Grigory Gruzman in Weimar in Kontakt gekommen? Sie wussten anscheinend, dass Sie ganz genau zu ihm als Lehrer gehen wollten.

Mariam Batsashvili: Ich kannte ihn aus einem Meisterkurs. Meine Lehrerin sagte mir, dass wir erst sehen müssten, wie er unterrichtet. So sind wir beide nach Deutschland gereist, um ihn in seinem Meisterkurs erleben zu können. Ich war danach sicher, dass er mir etwas geben könnte, was ich zu diesem Zeitpunkt brauchte.

PIANONews: Wie war der Wechsel von Georgien nach Deutschland? Sie waren ja erst 18 Jahre alt … Gab es da einen großen Unterschied für ihr persönliches Leben oder waren Sie so konzentriert auf Ihre Studien, dass Sie den Wechsel nicht sonderlich bemerkten?
Mariam Batsashvili: Es war so: In Georgien ist man in der Familie sehr stark miteinander verbunden. In meinem Fall ist es so, dass die Menschen, die ich in Georgien habe, meine Liebsten sind. Sie im Alter von 18 Jahren zu verlassen, war nicht einfach. Zudem half mir meine Mutter bei allem, was das Leben betraf. Ich konnte mich vollauf auf die Schule und meine Musik konzentrieren. Sie tat einfach alles für mich, zu viel. Ich musste keinen Finger krümmen. Und dann ging ich mit 18 nach Deutschland und hatte diese Hilfe von ihr und meinem Vater nicht mehr. Dadurch hatte ich im ersten Semester wirklich Probleme. Beispielsweise konnte ich nicht mit meinem Geld umgehen, so dass ich vor Monatsende keines mehr hatte. Oder die alltäglichen Kleinigkeiten – das hört sich heute etwas komisch an – waren schwer für mich, im Haushalt das ein oder andere zu putzen, sauber zu halten. Das kannte ich einfach nicht. Zudem muss-te ich plötzlich alles in deutscher Sprache machen, auch meine Prüfungen in Deutsch ablegen. Daneben musste ich mich am Instrument weiterentwickeln – und sah mich den Alltagsherausforderungen gegenüber. In diesem ersten Jahr in Deutschland wurde ich sehr schnell erwachsen, konnte alles tun, ohne dabei mein Klavierspiel und die Musik zu vernachlässigen. Aber ich hatte auch gute Freunde in Deutschland, die mir letztendlich halfen – ich hatte immer das Glück, dass ich von guten Menschen umgeben war.

Das gesamte Interview lesen Sie in PIANONews 4-2019.

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