Pianonews 03 / 2013

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Emotionen der Spätromantik

Daniil Trifonov

Von: Carsten Dürer

Der russische Pianist Daniil Trifonov ist gerade einmal 21 Jahre alt. In Nizhny Novgorod geboren, in Moskau ausgebildet, ist er einer der jungen Pianisten, die bewiesen haben, dass Wettbewerbsgewinne immer noch helfen können eine Karriere voranzubringen. Daniil Trifonov war 3. Preisträger im Warschauer Chopin-Wettbewerb 2010 und konnte knapp ein Jahr später innerhalb von wenigen Wochen den Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv und den Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau mit dem jeweils 1. Preis verlassen. Seither ist Daniil Trifonov sehr beschäftigt, bereist die Welt, um Klavier zu spielen. Und überall heimst er beste Kritiken ein. Wir trafen den jungen Russen nach einem Konzert in Paris, um mehr über ihn, seine Ausbildung und seine eigene Sichtweise zu erfahren.


Es ist die engagierte und gut angenommene Serie im „Auditorium de Louvre“, im vielleicht bekanntesten Museum im westlichen Europa. Ein Saal mit knapp 400 Plätzen, der vor allem Streichquartette und Kammermusik auf höchstem Niveau präsentiert, ab und an aber auch Pianisten. Daniil Trifonov wirkt bei seinem mittäglichen Auftritt vor vollem Saal für das einstündige Programm fast schüchtern, ist konzentriert und beginnt mit der Fantasie KV 397 von Mozart. Versunken in der Musik, den Klang beständig vorsichtig austarierend mit einer ausgefeilten Anschlagkultur, seinen extrem langen und schmalen Fingern. Ein Fest für die Ohren, denn vom klangvollen Fortissimo bis zum die Aufmerksamkeit des Publikums auf sein Spiel konzentrierenden Pianissimo weiß er den Flügel für seine persönlichen Vorstellungen zu nutzen. Danach dann gleich die h-Moll-Sonate von Liszt, die er ebenfalls gut zu meistern weiß, auch wenn er nicht immer den Spannungsbogen zu halten versteht. Man spürt, ihm ist insgesamt der große Atem wichtiger, als jede Nuance technisch perfekt zu spielen. Darin fühlt man sich an den Stil alter Meister erinnert, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oftmals eben diesen Ansatz pflegten, dem musikalischen Ausdruck den Vorrang vor Perfektionismus zu geben. Seine eigene Komposition „Rachmaniana“, die er 2011 schrieb, ist eine deutlich epigonale Reminiszenz an Rachmaninow, Skrjabin, aber auch Ravels harmonische Stilistik. Ein viersätziges Werk, das ebenfalls den spätromantischen Stil des Beginns des 20. Jahrhunderts atmet. Das Publikum ist schon begeistert, bevor er noch die eher selten zu hörende Bearbeitung von Strawinskys „Feuervogel-Suite“ durch Agosti bietet. Als Zugaben erklingen zwei Bearbeitungen: Bach/Rachmaninow „Gavotte“ und Schumann/Liszt „Widmung“.
 
Er schwitzt, er atmet schwer, scheint aber durchweg und zu Recht befriedigt nach diesem kurzen Konzert. Viele wollen ihn beglückwünschen und die französische Presse hat sich für nachmittags mit etlichen Terminen angemeldet, dennoch scheint er durchaus ruhig, als er sich mit uns zum Interview zusammensetzt.

Die Entwicklung

PIANONews: Sie wurden in Nizhny Novgorod geboren. Das liegt nicht ganz neben Moskau.
Daniil Trifonov: Es dauert zirka drei Stunden mit dem Schnellzug zwischen den beiden Städten …
PIANONews: Heutzutage …

Daniil Trifonov: Ja, früher waren es sieben Stunden.

PIANONews: Sie begannen dort mit dem Klavierspiel …

Daniil Trifonov: Zuerst begann ich zu komponieren, aber dann spielte ich auch Klavier, seitdem ich fünf Jahre alt bin. Das Komponieren wurde eine Art von Hobby für mich. Als ich mit neun Jahren dann nach Moskau ging, konzentrierte ich mich allein auf das Klavierspiel.
Meine Eltern sind beide Musiker, meine Mutter unterrichtet Musiktheorie, mein Vater ist Komponist.

PIANONews: Aber Sie lebten ja nicht in Moskau, richtig?

Daniil Trifonov: Nein, wir lebten alle in Nizhny Novgorod. Aber dann zogen wir alle gemeinsam nach Moskau, da meine Eltern mir die beste Ausbildung geben wollten, an der Gnessin-Schule bei Tatiana Zelikman. So verließen sie beide ihre Arbeit, damit ich dort studieren konnte. Mein Vater musste sogar einer anderen Arbeit nachgehen …

PIANONews: So haben Ihre Eltern alles für Sie getan, da sie sahen, dass Sie so talentiert sind?

Daniil Trifonov: Nun, ich würde sagen, dass sie vieles aufgaben, um mir alle Möglichkeiten zu eröffnen.

PIANONews: Sie wurden dann auch gleich an der Gnessin-Schule angenommen?

Daniil Trifonov: Nun, ich hatte schon einmal Tatiana Zelikman vorgespielt und meine Eltern und ich waren sofort beeindruckt von ihrer Art zu unterrichten. Man muss sagen: Sie ist eine der besten Lehrer in Russland. Als ich dann die Gnessin-Schule mit 16 oder 17 Jahren abschloss, war es auch ihre Empfehlung, zu Sergei Babayan nach Cleveland zu gehen. Sie kannte ihn zwar nicht persönlich, aber sie hatte sich unter all ihren musikalischen Freunden in den USA umgehört, wer der interessanteste Lehrer sei, und so kam es zu ihm. Man muss sich auch vorstellen, dass Sergei Babayan nur eine extrem kleine Klasse hat, höchstens fünf oder sechs Studenten.

PIANONews: So gingen Sie also nach Cleveland, ohne ihn überhaupt zu kennen?

Daniil Trifonov: Ja, ich sah ihn das erste Mal in meiner ersten Stunde mit ihm. Und ich erinnere mich, dass ich angezogen war wie ein Tourist, also sehr bequem: Sportschuhe, einfache Hose und so fort. Das Erste, das er mir sagte: Du kannst so nicht zum Unterricht erscheinen. Babayan hat eine extrem ernste Auffassung von Musik und so denkt er, dass man auch in Bezug auf die Kleidung eine gewisse Ernsthaftigkeit zeigen muss. So sind die Studenten in seinen Stunden normalerweise sehr gut angezogen. [er grinst] Und dies beeinflusst auch die Atmosphäre der Unterrichtsstunde positiv.
PIANONews: Aber ist das nicht eine sehr traditionelle Art der Sicht auf eine Unterrichtsstunde an einer gehobenen Ausbildungseinrichtung? Ich denke an Fotos aus den 50er oder 60er Jahren – auch aus Russland –, auf denen die Studenten immer Anzüge tragen …

Daniil Trifonov: Natürlich, Sergei Babayan studierte ebenso wie Tatiana Zelikman am Konservatorium in Moskau, wenn auch bei unterschiedlichen Lehrern. Aber letztendlich geht alles zurück zu Heinrich Neuhaus. Tatiana Zelikman studierte bei Theodor Gutman und Babayan mit Lew Noumov und Gonostayeva …

PIANONews: Fühlen Sie sich dadurch auch in einer traditionellen russischen Ausbildungslinie?

Daniil Trifonov: Ach wissen Sie, jeder Lehrer – auch wenn es dieselben Wurzeln sind – hat solch eine extrem eigene Persönlichkeit. Tatiana Zelikman und Babayan waren so unterschiedlich in ihrer Art, Dinge zu sehen. Viele kleine Details, meine ich, im Anschlag, in Bezug auf Artikulation und Klangideen. Es ist schwer zu erklären. Es gab natürlich auch Gemeinsamkeiten, wie beispielsweise die Phrasierung im Allgemeinen.
Das bedeutet: Die Wurzeln sind dieselben, aber aufgrund der unterschiedlichen Persönlichkeiten gibt es auch eine große Vielfalt.

Gedanken zu Wettbewerben

PIANONews: War es ein Teil Ihrer Ausbildung, auch an Wettbewerben teilzunehmen? Immerhin war man in früheren Zeiten in der UdSSR gewohnt, sich beständig im Klavierspiel mit anderen zu messen.

Daniil Trifonov: Natürlich gibt es in Russland viele Kinder-Wettbewerbe. Als ich noch nicht in Moskau war, nahm ich schon an solchen Wettbewerben teil. Es ist eine Art von Tradition, ja, allerdings auch eine positive. Denn auf diese Weise haben die Kinder schon die Möglichkeit, durch Aufführungen auf der Bühne zu wachsen, die Erfahrung vor einem Publikum zu machen. Generell war es allerdings so, dass meine Lehrerin Tatiana Zelikman der Meinung war, dass ich mich noch weitestgehend von der Bühne fernhalten sollte. Da war ich zwischen 10 und 16 Jahre alt. Sie wollte, dass ich mich erst entwickeln kann, erst eine fundierte Ausbildung erhalte. Nur im letzten Jahr meiner Zeit an der Gnessin-Schule begann ich etwas häufiger zu spielen. Und in meinem ersten Jahr in Cleveland bereitete ich mich auf den Chopin-Wettbewerb vor. Es ist ja ein sehr großes Programm, das man dort spielen muss, und viele Werke, zirka 80 Prozent, waren für mich neu.

Das gesamte Interview lesen Sie in Ausgabe 3-2013 von PIANONews.

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