Pianonews 04 / 2011

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Rudolf Buchbinder...

...und Beethovens 32 Klaviersonaten

Von: Monika Hildebrand


Vor genau 30 Jahren hat Rudolf Buchbinder Beethovens 32 Klaviersonaten zuletzt eingespielt – damals noch auf LP für die Teldec. Sein Leben lang begleitet ihn das Werk nun schon. Bevorzugt spielt er sie alle komplett in einem Zyklus von sieben Konzerten. Nun gibt es eine Neuaufnahme, live aufgenommen im Rahmen eines besonderen Anlasses in der Dresdener Semperoper. Wir sprachen mit ihm in seinem Wiener Domizil.

Rudolf Buchbinder wurde in der Saison 2010/
2011 zum ersten „Clavier Virtuos“ an der Semperoper in Dresden ernannt – damit fing alles an. Bis dato schrieb die Tradition nur einen „Capell Compositeur“ vor, für den Titel „Artist in residence“ gab es ebenfalls keine Tradition. Dennoch sollte es mit Rudolf Buchbinder nun erstmals einen Instrumentalisten in dieser besonderen Stellung geben und man wählte statt „Artist in residence“ den zur Tradition passenderen Namen „Clavier Virtuos“.

Was ihn zum Ausnahmepianisten macht, ist nicht zuletzt seine lebenslange Beziehung zu Beethovens sämtlichen Klaviersonaten, die er immer wieder als Gesamtzyklus in mehreren aufeinander folgenden Konzerten komplett aufführt. Auch wenn er die Klaviersonaten bereits vor genau 30 Jahren schon einmal auf LP eingespielt hat – eine Neuaufnahme war längst fällig. Doch als ob er auf diesen besonderen Moment gewartet hätte, wurde seine Berufung zum „Clavier Virtuos“ nach Dresden zum Anlass für eine aktuelle Gesamtaufnahme genommen.
Rudolf Buchbinder liebt es, Live-Konzerte zu geben. Daher hat er eine Aufnahme nie wirklich als großes Ziel gesehen, zudem er sich der Schwierigkeit einer solchen Aufnahme bewusst ist. Studioaufnahmen mag er gar nicht und beschreibt warum: „Man geht mit einer falschen Einstellung ins Studio. Man weiß, dass nichts passieren kann. Dadurch dass man es zigmal aufnehmen und dann schneiden kann, fehlt auf der anderen Seite die Spontaneität, die emotionale Begeisterungsfähigkeit und das Allerwichtigste: die Nervosität. Dieses Prickeln muss man spüren. Selbst wenn nur ein Bruchteil der Live-Stimmung auf die CD kommt, ist das schon positiv.“
Kein Geringerer als Joachim Kaiser hat ihn dazu angehalten, diese Aufnahme zu machen. „Das war fast ein Befehl und so habe ich mich denn dazu gezwungen. Da ich das Studio nicht mag, war klar, dass es live sein muss“, so Buchbinder. Der Begriff „live“ ist bei Rudolf Buchbinder besonders genau zu verstehen, denn seine Interpretationen sind ein Leben lang in Bewegung. Eine Aufnahme ist eine Momentaufnahme und entwickelt sich im nächsten Moment schon wieder weiter. Buchbinder hört seine CDs nach der Freigabe der Aufnahme nie wieder an. Sein Regal ist voll mit seinen rund hundert Aufnahmen, die sich im Laufe seines Lebens angesammelt haben – original verpackt und nie angehört. Das interessiert ihn nicht mehr, denn er ist ja schon wieder weiter damit. „Es ist abgeschlossen, es war gut und ich spiele es ja wieder, aber anders, jeden Tag. Mein Publikum soll beurteilen, ob die alte oder die neue Aufnahme besser ist“, sagt Buchbinder. Mit seiner aktuellen Aufnahme ist er zufrieden, denn das ist er selbst, so wie er gerade im Moment ist: „Das bin ich!“
Wir sprachen auch mit seinem Aufnahmeleiter Philipp Nedel von der Firma b-sharp, der ganz fasziniert war von Buchbinders Natürlichkeit, mit den Dingen umzugehen, seiner Überzeugungskraft und Echtheit seiner Interpretation. „Die Aufnahmen gingen ja über ein halbes Jahr. Auch wenn so ein Projekt viel Arbeit und Ernsthaftigkeit erfordert, hat es mit Rudolf Buchbinder außerordentlich viel Spaß gemacht. Seine natürliche, unverfälschte Art schuf eine wunderbare Atmosphäre“, so Nedel. 
Als Aufnahmeleiter hat man ja auch die Aufgabe, eine möglichst gute Aufnahme zu produzieren. Auf die Frage, ob da nicht manchmal eigene Interpretationsvorstellungen mit denen des Künstlers kollidieren, meint Philipp Nedel: „Natürlich hat man so seine Vorstellung im Kopf von der Interpretation der Sonaten. Doch Buchbinder wirkt so natürlich, so ehrlich, dass ich ihm das abkaufe. Ich hab es lange nicht mehr erlebt, dass jemand Beethoven so frisch und echt interpretiert. Schön finde ich auch, dass Buchbinder mehr im Vordergrund steht, was er zu sagen hat und nicht Beethoven.“
Das Team Buchbinder – Nedel hatte außerdem offensichtlich viel Spaß beim Suchen und Finden neuer Kleinigkeiten. Triller oder dynamische Vortragsbezeichnungen wurden neu beleuchtet, Erstausgaben und Faksimiles zu Rate gezogen. Die Begeisterung, sich mit Erstausgaben zu beschäftigen, ist förmlich ansteckend. Herr Nedel ist noch voller Freude, als er darüber berichtet, und uns ging es im Interview mit Herrn Buchbinder ebenso. 
Rudolf Buchbinder hat inzwischen schon 27 Erstausgaben der Beethoven’schen Klaviersonaten in seiner beachtlichen Sammlung von Erstausgaben, die übrigens nicht nur diese Werke, sondern auch andere Werke von Beethoven, Mozart oder Haydn beinhaltet. Ein Freund Rudolf Buchbinders meinte allerdings, dass 27 Beethoven-Ausgaben ziemlich schwach seien, denn Beethoven hätte schließlich 32 Sonaten geschrieben, also sollte er auch 32 Erstausgaben haben. Humor und Natürlichkeit fehlen bei Rudolf Buchbinder nie, das macht ihn so sympathisch.
Seine Erstausgaben-Sammlung umfasst eine stolze Reihe bedeutender Herausgeber wie Arthur Schnabel, Alfredo Casella und viele andere. Besonders hervorzuheben ist jedoch die von Franz Liszt, die übrigens seine absolute Lieblings-Ausgabe ist: „Ich liebe diese Ausgabe, unter anderem auch deshalb, weil Liszt keine Fingersätze schreibt. Das ist doch eine Frechheit und hat mit Beethoven nichts zu tun, dass da irgendeiner Fingersätze hineinschreibt. Liszt hat voller Hochachtung nichts hinzugefügt, weder eine Stelle noch Töne, nichts in Klammer, keinen Fingersatz. Das zeigt, welchen Stellenwert Beethoven für Liszt hatte. Interessanterweise hat auch Liszts Schüler Alexander Winterberger eine Ausgabe gemacht. Sie ist ein wenig anders, er schreibt ein bisschen mehr hinein, aber man sieht auch hier, dass Beethoven eine große Bedeutung für Liszt hatte, die er offensichtlich sogar im Unterricht weitergab.“
Wir werfen gemeinsam einen Blick in die Liszt-Ausgabe und Buchbinder erklärt: „Das hier ist die Erstausgabe im Original. Ich habe sie bei Sotheby’s ersteigert. Gott sei Dank! Doch wenn Sie schauen, was es bereits für Unterschiede zum Original gibt, ist es unglaublich. Es sind zum Beispiel gleich vier Takte hinzugefügt, weil man glaubte, Beethoven hätte diese vergessen. Er hat es aber nicht vergessen. Es ist so logisch, was er geschrieben hat.“ Aber auch viele kleine Übertragungsfehler oder „Korrekturen“ haben große interpretatorische Auswirkungen. Rudolf Buchbinder spielt uns einige Stellen mit großem Enthusiasmus vor und überzeugt.
Auch die aktuellen Urtext-Ausgaben stellen ihn nicht im Geringsten zufrieden:

Den gesamten Artikel lesen Sie in Ausgabe 4-2011 von PIANONews.

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