Pianonews 05 /2001

"Ich bin kein rein russischer Pianist mehr"

Lazar Berman im Gespräch

Von: Robert Nemecek


Er hat alle Höhen und Tiefen eines Pianistendaseins durchlebt. Noch mit weit über vierzig Jahren war der 1930 in Leningrad geborene Lazar Berman trotz gelegentlicher Auftritte im Westen nur einer von vielen russischen Pianisten, die hier ihr Glück versuchten. Das änderte sich schlagartig als der amerikanische Konzertagent Jacques Leiser Mitte der siebziger Jahre zufällig auf seine Gesamteinspielung der Lisztschen Études d´exécution transcendante stieß und Berman kurzerhand zum einzig wahren Nachfolger von Gilels und Richter erklärte. Fortan lag ihm die gesamte westliche Musikwelt zu Füßen.


Die großen Konzerthäuser, Dirigenten und Schallplattenfirmen rissen sich förmlich darum, den neuen Wundermann aus dem Osten für Konzerte und Schallplattenaufnahmen zu gewinnen. Aber schon Anfang der 80er Jahre fand die sensationelle Karriere des Lazar Berman ein jähes Ende. Ein regime-kritisches Buch, das der russische Zoll in Bermans Gepäck fand, wurde ihm zum Verhängnis. Vier Jahre lang durfte der Pianist die UDSSR nicht verlassen - zu kurz, um völlig in Vergessenheit zu geraten, aber zu lang, um nahtlos an die frühere Weltkarriere anzuknüpfen. Danach musste Lazar Berman praktisch wieder bei Null anfangen. Wir sprachen mit dem Pianisten.

PIANONews:
Herr Berman, treten Sie noch regelmäßig auf oder eher sporadisch?

Lazar Berman:
Regelmäßig, aber in relativ großen Zeitabständen. Wissen Sie, ich empfinde das Konzertieren mittlerweile als langweilig. Außerdem liebe ich das Reisen nicht besonders. Ich will spielen und nichts sonst.

PIANONews:
Ich kenne einige Pianisten, bei denen das genau umgekehrt ist.

Lazar Berman:
Das ist mir aber vollkommen fremd. Am liebsten bin ich zu Hause. Dort kann ich lange schlafen, Klavier spielen und dann wieder schlafen. Aber ab und zu begebe ich mich dann eben doch auf Reisen.

PIANONews:
Nach Deutschland kommen sie allerdings sehr selten. Dabei sprechen Sie recht gut Deutsch und haben auch eine enge Beziehung zur deutschen Kultur. Warum dann diese Zurückhaltung?

Lazar Berman:
Das deutsche Steuersystem ist doch für ausländische Künstler furchtbar. Erst einmal muss ich 25 % Ausländersteuer zahlen, dann kommt der Solidaritätsbeitrag dazu, und der Agent will ja auch bezahlt werden. Am Ende bleiben etwa 38 % davon für mich übrig! Das ist wahrlich nicht viel, und ich muss doch vom Klavierspielen leben! Deshalb habe ich in Deutschland immer wenig gespielt, bis heute.

PIANONews:
Immerhin haben Sie mal in Ost-Berlin einen Wettbewerb gewonnen.

Lazar Berman:
Ja, aber das ist sehr sehr lange her - 1951. Der Wettbewerb fand im Rahmen eines kommunistischen Jugendfestivals statt. Das war übrigens der erste Wettbewerb, an dem ich teilgenommen habe. Danach bin ich allerdings lange Zeit nicht mehr nach Deutschland gekommen.

PIANONews:
Damals zählten Sie als Schüler von Alexander Goldenweiser am Moskauer Konservatorium zu den hoffnungsvollsten Talenten der Sowjetunion. Vielleicht können Sie uns ein wenig Ihre damalige Situation als junger sowjetischer Pianist beschreiben.

Lazar Berman:
Ich hatte ein ziemlich schweres Leben in der Sowjetunion. Immerhin konnte ich durch meine Konzerte meinen Lebensunterhalt verdienen, wobei die Konzerte in der Provinz sogar besser bezahlt waren als in Moskau. Allerdings waren die Bedingungen in der russischen Provinz manchmal schon schrecklich. Entweder das Instrument war total verstimmt, oder es war nur ein Klavier und kein Flügel vorhanden. Manchmal habe ich sogar in Altersheimen gespielt. Übrigens erhielt ich so gut wie nie die Möglichkeit, mit einem Orchester aufzutreten, da die nur die Solisten einluden, die eine Perspektive hatten. Ich galt aber als Musiker ohne Perspektive.

PIANONews:
Wieso hatten Sie denn keine Perspektive? Sie hatten sich doch als Preisträger eines renommierten Wettbewerbs bereits einen Namen gemacht, und später kamen auch noch Schallplatten dazu.

Lazar Berman:
Sicher. Aber man kannte mich nur innerhalb eines engen Kreises von Musikern. Mit 26 habe ich dann eine Französin geheiratet, die zwar eine sehr gute Frau war, aber ich durfte deshalb 12 Jahre lang nicht reisen.

PIANONews:
Wieso denn das?

Lazar Berman:
Sie lebte in Paris, und das war zu Sowjetzeiten natürlich ein Politikum. Diese 12 Jahre, die ich deshalb nicht reisen durfte, waren leider die besten meines Lebens. Erst als die Verbindung beendet war, durfte ich wieder reisen, aber da war ich schon 41 Jahre alt. Das ist für einen Pianisten schon ein ziemlich hohes Alter.

PIANONews:
Wohin sind Sie denn als erstes gereist?

Lazar Berman:
Als erstes reiste ich nach Italien, wo mein Spiel auch sehr gut ankam. Ich gewann dort außerdem viele Freunde, die sich für mich einsetzten. Aber Erfolg in Italien bedeutet nicht viel, und im Prinzip blieb ich im Westen weitestgehend unbekannt.

PIANONews:
Mitte der siebziger Jahre wurden sie dann von einem amerikanischen Konzertagenten entdeckt, der ihre Einspielung von Liszts Études d`exécution transcendantes in die Hände bekam und davon dermaßen fasziniert war, das er Sie sofort unter Vertrag nahm. Das war der Auftakt zu einer der sensationellsten Karrieren, die die Klavierwelt jemals gesehen hat.

Lazar Berman:
Ja, plötzlich war ich berühmt. Meine erste Reise erfolgte aufgrund einer Einladung Herbert von Karajans, der mit mir das b-Moll Konzert von Tschaikowsky aufnehmen wollte. Als ich dann meine erste Einladung nach Amerika bekam, glaubte ich, ich befände mich in einem Märchen.

PIANONews:
Wie kamen Sie denn mit dem ungeheuren Erwartungsdruck zurecht. Sie galten ja immerhin als der legitime Nachfolger von Richter und Gilels.

Lazar Berman:
Ich habe mich damals nicht gut gefühlt, hatte sogar Angstgefühle, weil immer etwas Außerordentliches von mir erwartet wurde. Dabei war ich mir gar nicht so sicher, ob ich diese Erwartung immer würde erfüllen können. Die Folge war eine regelrechte Nervenkrise. Sie müssen sich vorstellen, dass ich allein in Amerika in vier Jahren an die 130 Konzerte gegeben habe. Und jedesmal musste ich zeigen wie großartig ich bin. Das war eigentlich kein so schönes Leben.

PIANONews:
Hat es Konzerte gegeben, an die Sie sich noch gerne erinnern?

Lazar Berman:
Schwer zu sagen. Vielleicht das in Salt Lake City, wo ich für die Mormonen gespielt habe. Da herrschte eine sehr entspannte und familiäre Atmosphäre. Ganz im Gegensatz zu den Konzerten in der Carnegie Hall, wo die Atmosphäre immer sehr angespannt war. Das macht es sehr schwer für einen Pianisten.

PIANONews:
Glaube ich Ihnen. Richter soll bei seinem Carnegie-Hall-Debüt Beruhigungstabletten genommen haben, um diese Anspannung auszuhalten, und er ist da sicher nicht der einzige.

Lazar Berman:
Nein. Das habe ich zeitweise ja auch getan. Richter hatte übrigens immer Angst vor Gedächtnislücken. Gilels litt ebenfalls unter ganz extremem Lampenfieber. Wenn der auf die Bühne kam, war er grün im Gesicht. Seine Frau durfte bei seinen Konzerten nicht anwesend sein. In der Angst sind wir wie Kinder.

PIANONews:
Sie haben während dieser Zeit auch eine ganze Reihe von Aufnahmen gemacht. Die Einspielung des Tschaikowsky-Klavierkonzerts mit den Berliner Philharmonikern unter Karajan wurde sogar als Jahrhundert-Aufnahme gepriesen. Welche davon schätzen Sie denn am meisten?

Lazar Berman:
Die Aufnahme des dritten Rachmaninoff-Konzerts unter Abbado.1) Die halte ich wirklich für gelungen. Allerdings habe ich dasselbe Konzert 1987 auch mit den New Yorker Philharmonikern unter Bernstein gespielt und finde diese Live-Interpretation noch besser als die unter Abbado! Es gibt auch eine Aufnahme davon. Man bekommt sie allerdings nicht im Handel, sondern nur über's Internet. Die sollten Sie sich mal anhören.

PIANONews:
Das will ich gerne tun. Aber lassen Sie uns jetzt darüber sprechen, wie es in den achtziger Jahren mit Ihnen weiter gegangen ist. Da ist es doch plötzlich sehr still um Sie geworden. Man liest, Sie hätten Anfang 1980 wegen eines in Russland verbotenen Buches ein vierjähriges Ausreiseverbot erhalten? Stimmt das?

Lazar Berman:
Ja, das stimmt. Ich hielt mich Ende Januar 1980 in Deutschland auf, wo ich einige Konzerte gegeben und auch einige Aufnahmen gemacht hatte. Einen Tag vor meiner Abreise nach Moskau habe ich auf Empfehlung meines Konzertagenten noch ein Buch gekauft, in dem ein amerikanischer Journalist, der lange Zeit als Korrespondent in Moskau gearbeitet hatte, über sein Leben in der Sowjetunion schrieb. Darin äußert er sich z.T. auch sehr kritisch über das damals herrschende Sowjetregime. Da ich das Buch zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht gelesen hatte, war mir sein Inhalt im Einzelnen allerdings gar nicht bekannt. Außerdem hatte ich keine Ahnung, dass das Buch in Russland auf der schwarzen Liste stand. Aber die russischen Zöllner wussten es und betrachteten es folglich als antisowjetische Schmuggelware.2)

PIANONews:
Das hatte sicher gravierende Folgen.

Lazar Berman:
Ja. Alle meine Konzerte im Ausland wurden sofort annuliert. Für vier Jahre durfte ich nur innerhalb der Sowjetunion spielen. Danach konnte ich zwar wieder reisen und konzertieren, aber durch die lange Pause habe ich sehr viele wichtige Verbindungen zu Dirigenten, Orchestern, Firmen usw. und natürlich auch zu meinem Manager Jacques Leiser verloren. Für ihn war das Ausreiseverbot derart unbegreiflich, dass er sich weigerte, die bereits angekündigten Konzerte abzusagen. Die Leute kamen also ins Konzert, aber der Pianist kam nicht. Ich konnte ja nicht. Daraufhin haben die Konzertveranstalter Leiser natürlich verklagt, was ihn ziemlich teuer zu stehen kam.

PIANONews:
Nach Ablauf der vier Jahre mussten Sie vermutlich wieder bei Null anfangen.

Lazar Berman:
Ja, und das war nicht ganz leicht. Es hat Jahre gedauert, bis ich hier als Pianist wieder Fuß gefasst habe. Mit über fünfzig Jahren war ich ja auch nicht mehr der Jüngste. Ich habe deshalb oft an wenig prominenten Orten spielen müssen. Bei der Carnegie Hall hatte man kein Interesse mehr an mir. Nur als mein Sohn einen renommierten Violin-Wettbewerb gewonnen hatte, durfte ich dort auftreten, allerdings nur als Begleiter. Das war mein letzter Auftritt dort - Finish! Manchmal bin ich auch im Münchner Herkulessaal aufgetreten, allerdings mit keinem der großen Dirigenten. Es war ein wenig wie vor meiner Entdeckung im Westen. Aber Hauptsache ich konnte wieder im Ausland auftreten.

PIANONews:
Sie sind seitdem aber nicht nur aufgetreten, sondern haben auch einige neue Aufnahmen vorgelegt.

Lazar Berman:
Ja. Jetzt habe ich einiges bei einem kleinen italienischen Label namens Phoenix gemacht. Die arbeiten sehr professionell und überraschenderweise habe ich dort bessere Klaviere angetroffen als bei der Deutschen Grammophon.

PIANONews:
Was bedeuten denn diese späten Einspielungen für Sie heute?

Lazar Berman:
Auf jeden Fall sind sie für meine derzeitige Karriere kaum von Bedeutung. Sie sollen einfach mein jetziges Spiel für die nachfolgenden Generationen dokumentieren.

PIANONews:
Was haben Sie denn in der letzten Zeit an Repertoire aufgenommen?

Lazar Berman:
Zum Beispiel ist 1996 aus Anlass des 25. Jahrestages meines Italien-Debüts eine CD mit den beiden Italien-Heften aus Liszts Années de Pélerinage erschienen. Dann gibt es eine CD mit Kompositionen von Bach, Bach-Busoni, Händel und Kuhnau, wobei die c-Moll Partita von Bach eine Aufnahme des russischen Rundfunks aus dem Jahr 1968 ist, während die Einspielungen der übrigen Stücke neueren Datums sind. Außerdem habe ich zwei CDs mit meinem Sohn aufgenommen, der ein ausgezeichneter Geiger ist. Wir wollen in der nächsten Zeit alle 10 Violinsonaten von Beethoven aufnehmen. Ich habe mittlerweile sechs davon einstudiert, und jetzt fangen wir an, sie uns gemeinsam vorzunehmen.

PIANONews:
Erweitern Sie heute noch Ihr Repertoire?

Lazar Berman:
Nein. Ich bin ja ziemlich faul und übe keine neuen Stücke mehr ein. Dafür nehme ich mir die alten Stücke immer wieder vor, und jedesmal finde ich `was Neues darin. Ich möchte das mit zwei einander liebenden Menschen vergleichen, die immer wieder aufs Neue zusammenkommen. Viele Pianisten haben ein weit größeres Repertoire als ich. Aber in dem, was sie spielen, haben sie so viel übersehen! Man muss sich einfach Zeit nehmen für die Musik, und man sollte sich die Stücke ruhig auch ein zweites und drittes Mal vornehmen.

PIANONews:
Bekommen Sie mit dieser Einstellung nicht Probleme mit den Konzertveranstaltern?

Lazar Berman:
Und ob! Heute ist das fast unmöglich. Ich schlage dem Konzertveranstalter die Liszt-Sonate vor, und er sagt: "Nein, die Liszt-Sonate hat in dieser Saison schon ein anderer gespielt." Bitte schön! Aber ich bin doch ein ganz anderer Pianist, und ist es für das Publikum nicht interessant, eine andere Interpretation zu hören? Der gegenwärtige Konzertbetrieb ist doch vor allem Showbusiness! Wer sich da gut präsentieren kann, der hat sicher große Chancen bekannt zu werden. Wer es nicht kann, der wird vielleicht auch seine Erfolge haben, aber er wird davon wohl kaum leben können.

PIANONews:
Aber Sie werden doch zugeben müssen, dass es auch heute noch Pianisten gibt, die mehr als nur Show machen.

Lazar Berman:
Sicher. Kissin zum Beispiel. Ein genialer Pianist - kein Zweifel. Aber vieles, was er in den letzten Jahren gemacht hat, finde ich gar nicht so gut. Da fehlt doch oft eine Überzeugung, die von Innen kommt. Er ist mittlerweile eigentlich mehr ein amerikanischer als ein russischer Pianist. Vielleicht hängt das aber auch mit seinen Lebensumständen zusammen, denn er lebt sehr isoliert. Ich weiss nicht, ob das so gut ist für einen jungen Pianisten.

PIANONews:
Gibt es denn heute überhaupt noch Pianisten, die die russische Schule in Reinkultur verkörpern?

Lazar Berman:
Ja. Das ist meiner Ansicht nach Jury Rozum. Ein geborener Ukrainer, der heute in Weimar lebt. Ich glaube, er ist derzeit der beste russische Pianist. Aber wie so viele andere hochbegabte Pianisten - denken Sie etwa an Igor Kamenz - bekommt auch er kaum Konzerte. Man will halt immer nur die berühmten Leute. Aber wenn man den weniger prominenten Pianisten keine Konzerte gibt, dann können sie auch nicht berühmt werden!

PIANONews:
Lassen Sie uns noch über Ihre jetzige Lebenssituation sprechen. Sie leben seit 1990 in Italien, wo Sie als Professor für Klavier an der Akademie von Imola eine neue Existenz gefunden haben. Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, Russland endgültig zu verlassen und nach Italien zu gehen?

Lazar Berman:
Das hatte mehrere Gründe. Nach dieser Geschichte mit dem Zoll verdichtete sich bei mir immer mehr das Gefühl, dass ich in Russland nicht mehr leben konnte. Die endgültige Entscheidung kam dann mit Gorbatschows Perestroika, die zwar eine gewisse Liberalisierung mit sich brachte, aber dafür viele existenzielle Sicherheiten über Bord schmiss. Außerdem fiel das Konzertleben zu jener Zeit fast völlig in sich zusammen. Da wurde mir klar, dass ich fort musste. Ich bin dann zunächst über eine Einladung nach Oslo gegangen, wo ich fast geblieben wäre, hätten mich Freunde nicht davon überzeugt, dass Italien für mich besser sei. Sie handelten für mich gleich einen Vertrag mit der Klavier-Akademie von Imola aus, und man stellte mir sogar ein Haus zur Verfügung. Das waren sehr gute Bedingungen für einen Neuanfang. Also blieb ich.

PIANONews:
Sie genießen als Klavierpädagoge in der Tat einen sehr guten Ruf.

Lazar Berman:
Ich unterrichte halt sehr gern. Offenbar finden es junge Pianisten interessant, mit mir zu arbeiten. Und für mich ist das auch wichtig. Ich sagte ja bereits, dass ich vieles nicht gespielt habe. Wenn ich aber ein Stück mit einem Schüler durcharbeite, so gibt mir dies das Gefühl, als wäre es auch ein wenig mein Stück. Ich habe dabei bis jetzt sehr gute Resultate erzielt. Viele meiner Schüler haben bei Wettbewerben erste Preise gewonnen, so dass ich insgesamt sehr zufrieden bin.

PIANONews:
Was versuchen Sie Ihren Schülern im wesentlichen beizubringen?

Lazar Berman:
Dass die Interpretation eines Werkes auf der Verbindung zweier verschiedener Personen beruht. Die eine Person ist der Komponist, die andere der Interpret, und es müssen beide zum Vorschein kommen. Wer nur den Komponisten berücksichtigt, wird akademisch, wer nur den Interpreten hervorkehrt, extravagant. Auf die Verbindung der beiden Pole kommt es an. Wichtig ist auch, dass der Schüler nicht nur sieht, was da steht, sondern auch warum. Warum steht hier ein Akzent, warum da ein Crescendo. Wenn Sie das Warum verstehen, dann können Sie sehr viele Probleme lösen.

PIANONews:
Fühlen sie sich nicht manchmal wie ein Fremdkörper in der italienischen Klavierkultur, die von der russischen doch wesentlich verschieden ist?

Lazar Berman:
Italien hat in der Tat ganz andere Traditionen, und ich liebe keineswegs alle. Aber da sich in mir mit der Zeit immer mehr Einflüsse und Traditionen vermischt haben, bin ich ja auch kein rein russischer Pianist mehr. In meinem einundsiebzigjährigen Leben habe ich doch schon so viele andere, aus anderen Kulturen kommende Musiker gehört, was bei mir natürlich tiefe Spuren hinterlassen hat. Und das ist auch gut so, denn ich bin der festen Überzeugung, dass eine Mischung aus mehreren Traditionen für einen Künstler nur von Vorteil ist.

PIANONews:
Herr Berman, vielen Dank für das interessante Gespräch.

1) Bermans Aufnahme des 3. Klavierkonzerts von Rachmaninoff unter Claudio Abbado ist derzeit gestrichen. zurück
2) Es handelt sich um das Buch "The Russians" von Hedrick Smith. zurück

Auswahldiskografie

Russian Piano School Vol. 8

Lazar Berman, Klavier Liszt (12 Études d´exécution transcendentale)
Melodia 74321 25180 2
Vertrieb: BMG

Lazar Berman

Scrjabin, Rachmaninoff, Liszt
ERM 153 ADD
Vertrieb: ?

Lazar Berman 1956 in Budapest

Liszt, Prokofieff
Hungaroton Classic 31685
Vertrieb:

Lazar Berman

J.S. Bach, Bach-Busoni, Händel, Kuhnau
Phoenix ?
Vertrieb: Musikwelt

Franz Liszt

Années de Pélerinage, Italien
Phoenix ?
Vertrieb: Musikwelt

Franz Liszt

Années de Pélerinage (Gesamtaufnahme)
DG 437206-2
Vertrieb: Universal

Franz Liszt

Klavierkonzerte 1 und 2
Wiener Symphoniker
Ltg.: Carlo Maria Giulini
DG 415839-2
Vertrieb: Universal

Peter Iljitsch Tschaikowsky

Klavierkonzert Nr. 1 b-moll (+ Sinfonie Nr. 6 h-Moll)
Berliner Philharmoniker
Lt.: Herbert von Karajan
DG 423 224-2
Vertrieb: Universal

 

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